2. Woche
Nach diesem sehr turbulenten Start ins neue Jahr ging es turbulent weiter. Ich sage mal so: Es gab in der letzten Woche überhaupt keine Zeit um zu entspannen. Zwischen der Betreuung unseres Sohnes, über die finale Fertigstellung unserer Wohnung, bis hin zu meinem normalen Joballtag und einem Shooting, bei welchem wir unseren Sohn gleichzeitig bespaßen mussten… dann noch der Haushalt mit seinen unendlichen Wäschebergen, dem ständigen Saugen und Putzen… warum ist dieser Kinderstuhl eigentlich jeden Tag aufs neue so heftig verdreckt und verklebt?! Die Brotreste sind hartnäckig wie Beton, nachdem sie sich mit Babyspucke vermischt haben… nun ja, aber während all diesen Dingen blieb einfach keine Zeit zum Ausruhen. Naja, bis auf ein bisschen „Betty in NY“ schauen – das musste sein, auch wenn es schon 23:30 Uhr war und es längst Zeit war schlafen zu gehen. Aber ganz ehrlich: Ich kann nicht schlafen gehen, wenn der ganze Tag nur gefüllt war mit To Dos. Ich brauche irgendwie immer noch ein bisschen „Funzeit“ vor dem Schlafen. Ein bisschen wie bei Sims – mein Spaß-Balken durfte nicht einfach jeden Tag gefühlt im Minusbereich sein.
Übrigens lief dieses Shooting so chaotisch ab. Für ein Projekt, welches Florian und ich die kommende Woche wieder aufleben lassen möchten, haben wir für 2 Stunden ein Studio gemietet um dort ein Bild zu shooten. Da wir aber niemanden hatten, der oder die auf unseren Sohn in der Zeit hätte aufpassen können, war unser Sohn mit am Start. Wir kamen an – total gestresst, unser Sohn super müde und gerade, als wir anfangen wollten alles aufzubauen und vorzubereiten, fällt Florian auf, dass er wichtige Technik zu Hause hat liegen lassen. Ich bin direkt aufgrund von unfassbarem Schlafmangel und PMS – was ist das eigentlich für ein kleines Arschloch mal so Nebenei?! – direkt total ausgeflippt. Florian hatte mir am Abend zuvor versprochen, dass er alles schonmal vorbereitet und zurechtlegt, was wir brauchten. Tschau. Ob ich mega überreagiert habe? Definitiv. Ob die Stimmung dementsprechend im Keller war? Ja klar! Super dumm, wenn man darauf angewiesen ist mit guter Laune zusammen als Team zu performen. Wir hatten das Studio nur für 2 Stunden gemietet und daher auch noch Zeitdruck. Es lief dann so ab, dass unser Sohn ein Gurkenstück nach dem anderen in die Finger bekommen hat und wir in der Zwischenzeit vor die Kamera gerannt sind, tausend mal ausgelöst haben und gehofft haben, dass irgendwas dabei rum kommt. Neben kleinen Anzickereien und Genervtheiten und einem schreienden Kind, lief es dann… okay sagen wir mal. Cool. Das Ergebnis siehst du vielleicht bald. Mal sehen, was du darüber denkst.
Aber kommen wir jetzt mal zu dem Punkt, an dem wir im Hier-und-Jetzt und heute landen. Was soll ich sagen… es fing unfassbar stressig an und jetzt sitze ich hier und bin einfach nur sau glücklich. Glücklich, dankbar, erfüllt und wahnsinnig erschöpft. Ich sitze auf dem Sofa und blicke auf einen bestimmten Tag zurück: Auf heute vor genau einem Jahr. Letztes Jahr um diese Zeit lag ich verkrampft, mit zusammengepressten Augen wie ein Embryo, vor Schmerzen krampfend auf dem Bett im Kreissaal. Ich hatte mir die Geburt meines Kindes wahrlich anders vorgestellt. Ich dachte, ich würde alle möglichen Positionen ausprobieren, die ich zu Beginn meiner Wehen nach dem Blasensprung auch nochmal durchgegangen bin – aber nichts da. Die Schmerzen waren durch die Einleitung so heftig und übermannend gewesen… ohne Pausen dazwischen, sodass ich mich keinen Millimeter mehr bewegen konnte. Die PDA, die ich um alles in der Welt vermeiden wollte, musste herhalten. Und dann wurde das größte Glück meines Lebens geboren. ICH habe ihn geboren. Es war und ist für mich ein Wahnsinnsprivileg. Wirklich. Diese Extremerfahrung machen zu dürfen ist für mich ein Geschenk.
Heute haben wir seinen 1. Geburtstag gefeiert. Angefangen hat die Woche mit einem Nervenzusammenbruch, da ich befürchtete, dass meine Wunschvorstellungen aufgrund von Coronsens schon wieder nicht wahr werden würden. Corona hatte mich schließlich im letzten Jahr schon einer schönen Schwangerschaft, einer Babyparty, Geburt und erste Tage im Krankenhaus ohne Trennung von meinem Mann beraubt. Jetzt sollte auch noch die Geburtstagsfeier mit einem kleinen Teil der Familie und der Patentante meines Sohnes ausfallen!? ABER: Wir blieben gesund und alles hat geklappt und dafür bin ich nun soooo heftig dankbar. Der Tag war PERFEKT! Er hätte nicht schöner laufen können.
Und damit sage ich „gute Nacht“ und gönne mir jetzt noch ein paar übrig gebliebene Donuts. Die hab ich mir verdient. Denn ganz ehrlich liebe Mamas und Papas: Die ersten Geburtstage sind auch voll für uns. Wir haben dieses erste Babyjahr gemeistert. Es war ein hartes Jahr. Ein Jahr der Umstellung, der Kompromisse, des Kämpfens, des neu Findens, der schlaflosen Nächte, neuer Ängste, aber vor allem ein Jahr voll mit vorher nicht zu erahnender, riesiger Liebe für einen kleinen Menschen. Schwangerschaft, Geburt, Stillen und Pflegen eines kleinen Menschleins, welches zu 100% auf mich angewiesen war und ist, liegen hinter mir. Ich darf stolz auf mich sein. Ich bin stolz auf mich.
Und jetzt: Wirklich gute Nacht.
xx Jess